Ecce (Mövenshit 001)

ecce mövenshit 001Die Monday Edition mag Debüts. Die Debüt-EP des Labels Mövenshit und seines Betreibers und bislang einizgen Künstlers Ecce ist zwar schon im Januar aus dem Ei geschlüpft, hat aber erst jetzt den Weg auf meinen Plattenteller gefunden. Eine Entdeckung ist es immer noch und Qualität bleibt sowieso länger frisch. Der, wie der grobhumorige Labelname schon andeutet in der norddeutschen Provinz (Grevesmühlen) angesiedelte Ecce ist Labelmacher, Hausproduzent und Eigenvertrieb in einer Person. Also eine klassische Do-It-Yourself Sache. Und die erste Mövenshit EP zeichnet sich auch genau durch klassische DIY Tugenden aus: ein tendenziell eigenbrötlerisches und stures Beharren auf dem anders sein, anders machen. darauf seinen Shit durchzuziehen und rauszubringen, egal was gerade anderswo, in den Metropolen passiert.

Die vier Tracks der EP bewegen sich zwischen House-Klassik und derberem Neunziger Techno/Rave, gerne auch mal mit Vocal-Schnipseln angereichert. Daran gefällt mir besonders die extrem raue und primitiv-kratzige Produktion (die etwas an einen anderen bekennenden Eigenbrötler aus Detroit, nämlich Omar S. erinnert), sowie die „Kraftwerkigen“ Sounds, besonders auf der A1 Dancefloor. Die Leidenschaft und Liebe für elektronische Tanzmusik ist hier im Rohzustand zu hören. Insgesamt hat das den schönen Effekt, dass diese Platte anders klingt als fast alles was dieser Tage so um unsere Aufmerksamkeit ringt.

Pawel – Pawel (dial LP15)

Pawel dial LP 15Das hat mal gedauert. Fast zehn Jahre hat sich Paul Kominek Zeit gelassen für das Debütalbum seines Techno-Alias Pawel. Wesentlich bekannter ist er mit seinem gesangsdominierten Electronica/Pop Projekt Turner geworden.

Dabei ist Kominek Mitgründer des Hamburger Labels dial records und zwischen Hamburg, Köln und seit einigen Jahren Berlin eine feste Größe und ein gutes Gewissen des Techno-Geschäfts. In ihrem klaren Detroit-Bezug und der klassisch minimalistisch trockenen Produktionsweise schienen die über die Jahre rar verstreuten Pawel 12-Inches nur nettes Beiwerk – besonders im Vergleich zu den restlichen Veröffentlichungen auf dial. Das hat sich geändert. Schon die letzten EPs Berkeley auf dial, Lines & Curves auf Ransom Note, sowie Jujuy/Salta und Gabriel auf seinem eigenen Label Orphanear überzeugten durch Haltbarkeit und Tiefe. Platten die ich immer im Laufe der Zeit wieder „nach vorne sortiert“ habe. Mit dem selbstbetitelten Debütalbum ist das nicht anders. Die Tracks haben eine etwas hinterhältige Qualität, die nie direkt ins Ohr fällt, sondern einige Zeit benötigt sich zu entfalten. Denn an sich ist die Sache klar: ziemlich straight und sauber produzierter Melancholie-Chord-Techno der melodiösen Hamburger dial Schule mit einem respektvollen Bezug auf die Klassiker aus dem Detroit der frühen Neunziger. Das alles getaucht in ein Bad aus sanfter Melancholie und sachtem Schwermut, wie man es von Lawrence und Pantha du Prince schon ganz gut kennt. Aber das ist eben nicht alles. Irgendwann, nach so drei, vier Minuten hat fast jeder der Tracks so einen Moment in dem das was zuvor nett und angenehm war in „großartig“ und „berauschend“ umschlägt. Keine Ahnung wie er das hingekriegt hat, aber es wirkt bei mir. Immer.

DJ Sprinkles / Terre Thaemlitz – Resident Advisor Podcast

DJ Sprinkles / Terre Thaemlitz - Resident Advisor PodcastDass DJ Sprinkles aka Terre Thaemlitz mit Midtown 120 Blues ungefähr das deepste und dollste House-Album der letzten Jahre vorgelegt hat, dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Die, neben Deep-House, weiteren musikalische Leidenschaften von Terre Thaemlitz waren und sind immer noch Ambient, experimentelle Elektronik (speziell die seiner Wahlheimat Japan), Free Jazz und Word Art. Für Resident Advisor hat er nun einen Mix gemacht der all diese Welten behutsam zusammenbringt:

Tracklist

Terre’s Neu Wuss Fusion – She’s Hard (2007 Archive of Silence) – Mule Musiq
Deuter – Solitary Bird – Kuckuck
The Golden Palominos – Gun/Little Suicides (Brown Stain Walls, Red Jelly Corners) remix by Terre Thaemlitz – Restless
Oval – Textuell – Mille Plateaux
Terre Thaemlitz – 2 AM on a Silo – Instinct
Hajime Tachibana – The Girl from Ipanema – Midi
Yesterday’s Heroes – 1979 – La Louche Qui Fait Déborder Le Vase
Yoshihiiro Hanno – Platform (Home[Form]) remix by Terre Thaemlitz – Cirque
Depeche Mode – World Full of Nothing (DJ Sprinkles private edit)
Faye Wong – Shame (DJ Sprinkles private edit)
Michael Nesmith & the First National Band – Beyond the Blue Horizon – RCA Victor

Maayan Nidam – Don’t Know Why / Feels Like (Perlon 78)

Perlon ist eines dieser Labels dessen Produktionen ich in den vergangenen Jahren eher respektiert als geliebt habe. Die ziehen ihr Ding (heller, trockener Minimalsound mit Microsamples, Pappkartonbeats über extrem tiefen Bässen, keine Chords, selten unter zehn Minuten pro Track) konsequent durch, in konstant hoher Qualität, mit den allerbesten leuten – und doch liessen mich die Ergebnisse meist kalt. Wenige Ausnahmen, die über den uniformen Labelsound hinaus wiesen, wie zuletzt Portables Überhit Release, bestätigen diese Regel nur.

Mit dem Track Feels Like auf der B-Seite der Laufnummer PERL78 gibt es endlich mal wieder einen Track aus diesem Stall, der mich berührt, tanzen lässt und es zugleich schafft auf interessante Weise an meinem Nerven zu zerren. Gelungen ist dieses Kunststück der Wahlberlinerin Maayan Nidam. Sie ist keine unbekannte im Technogeschäft, legt im Watergate auf, und veröffentlicht neben ihrem bürgerlichen Namen als Miss Fitz, Laverne Radix und als Teil des Duos Mara Trax. Feels Like kombiniert holpernde beats, ein staubtrockenes, erst mal ungelenk wirkendes Geklopfe mit einem genial mäandernden akustischen Bass zu dem sich hin und wieder tiefergelegte und zerdehnte Vocals gesellen, wie eine Bande Gregorianer auf Pilzen. Mehr passiert nicht, aber es ist mehr als genug um eine unwiderstehlichen Funkyness zu entwickeln – aus Bauelementen, die für sich denkbar unfunky sind. Die A-Seite Don’t Know Why ist nicht schlechter, aber insgesamt konventioneller und näher an einem typischen Sample-Schnitzelsound wie man ihn eben von Perlon, Foundsound oder Microcosm kennt. Aber auch hier heben die verquer montierten Vocal-Fragmente das Stück über den Durchschnitt. Beide Tracks sind auf Ihre Weise mächtig Deep, und verzichten dabei auf jedes handelsübliche Klischee von Deepness. Geisterhousemusic.

Tristen – Keep it Deep Guest Mix

Tristen - Keep it Deep Guest MixZwei Dumme, ein Gedanke: den vermutlich grauverwaschensten Montag dieses Jahres mit einem kleinen Mix aufhellen. Mein Vorschlag (via Keep it Deep) kommt von Tristen der kürzlich auf White debütierte. Schöne Sache. Und wenn White das grau nicht aufhellen kann, dann weiss ich aber auch nicht mehr.

Tracklist:

1. Oskar Offermann – Queens – WHITE
2. Loco Dice – Untitled – Desolat
3. The Machine – Fuse (Dixon Dub) – Innervisions
4. Levon Vincent – Late Night Jam – Ostgut Ton
5. STL – Neurotransmitting Clouds On The Secret Freeway – Smallville
6. Look Over Feel (DF’s Obj Drum Tool) – Objektivity
7. Koljah & Oliver Deutschmann – Eaten Back To Life (Ed Davenport Shutterdrop Remix) – Konsequenz
8. Shed – Untitled – WAX

Juju & Jordash – Juju & Jordash (Dekmantel – DKMNTL 002)

Juju & Jordash (Dekmantel - DKMNTL 002)Das Doppel-LP Debüt der beiden in Holland lebenden Israelis Juju & Jordash steht seit dieser Woche im Laden. Das kommt mir irgendwie wie eine ganz alte Neuigkeit vor, was vermutlich daran liegt, dass die Entstehung dieser Platte über Myspace und Facebook bestens dokumentiert ist und J&J schon lange vorab kleinere Teaser und Pröbchen ins Netz gestellt haben, und vor kurzem auch das ganze Album als Stream. Zu guter letzt gibt es nun endlich auch das Vinyl – und sehr hübsch ist es geworden, in pastelliger Wortgrafik.

Juju & Jordash machen freigeistige Tanzmusik, House Music ja, aber House Music die sich nicht von Vorbildern oder Genres einschränken lassen will. Und das ist gut so. So ist ihr unbetiteltes Debütalbum eine sehr bunte Mischung aus langsamen bis schnellen, geraden bis ungeraden Tracks, die mal mit einer Oldschool Produktion kokettieren, wie der Hit Deep Blue Meanies, mal tief in Dubtechno abtauchen, wie Quasi, oder auch mal den geraden Beat sein lassen und Reggae oder sephardische Klassik zitieren. Zusammengehalten wird das von einer immer leicht psychedelisch abgetrippten Stimmung, die aber immer in Geschichtsbewusstsein und Soul/Jazz geerdet ist. Am besten gefällt mir das wenn dabei Sounds und Traditionen zusammenkommen, die eigentlich nicht zusammen können, aber doch aufs beste harmonieren, wie im wunderbaren, adäquat betitelten Jazzy Trance.

Tracklist

1. Deep Blue Meanies
2. Jugdish
3. Pulse A Denura
4. Time Slip Remix
5. Dirty Spikes
6. Jazzy Trance
7. Quasi (Ruff Dub)
8. Niks

Juju & Jordash – Deep Blue Meanies from Gno Pants on Vimeo.

John Daly – Aurora/Equinox & John Roberts – Blame

John Daly Aurora Equinox IRR 005Vorteil Hallspirale. Die beiden offenbar bei der Geburt getrennten Johns, von denen es einen (Daly) nach Irland und den anderen (Roberts) in die USA verschlagen hat, haben neben einer Vorliebe für langsame bpm Zähler offensichtlich auch beide als Erbe den aktuell mächtigsten und Analog-Sound mitbekommen der so zu hören ist.

Vor allem Dalys Aurora ist so ein Stück, das einen – korrekte Anlage und Lautstärke vorausgesetzt – einfach nur niederknien lässt. Und das ganz ohne auf klischierte Dub-Effekte zurückzugreifen. Widerstand zwecklos. Auch eine schöne Nachricht ist dass Adas International Records Recordings (IRR) Label auch mit der mittlerweile fünftenLaufnummer keine Schwächen zeigt. Im Gegenteil.

John Roberts Blame Laidrec 004Roberts ist nach seiner mindestens ebenso mächtigen EP Mirror auf Dial nun auf dem tooligeren Sublabel Laid etwas minimaler eingestellt, aber auch er überzeugt durch rohe Produktion, einen ziemlich unwiderstehlichen Sound und die genau richtige Portion Deepness die es bei so langsamen Stücken natürlich braucht. Und ein ausgefeilter Analog-Sound und eine groooooße Hallspirale helfen da natürlich.